Helga Kromp-Kolb im Palmenhaus Gmünd: „Wir werden den Wald noch brauchen“

Auf Einladung der Kleinregion Waldviertler Stadt-Land referierte die bekannte österreichische Meteorologin und Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb im vollbesetzten Palmenhaus über „Der Wald im Klimawandel“. Die von ihre gelieferten Zahlen und Fakten machten betroffen.

Bgm. Helga Rosenmayer, Kleinregionsmanagerin Viktoria Prinz, Obmann Vbgm. Christian Dogl, Dr. Helga Kromp-Kolb, Vbgm. Hubert Hauer und Vbgm. Franz Hinker (Foto: NÖN)

„Ich bin Klimatologin und keine Waldexpertin“, stellte Helga Kromp-Kolb gleich zu Beginn klar, ebenso, dass es den Klimawandel gibt. „Die Wissenschaft in Österreich und international hat dazu in Sammelbänden ihr Wissen darüber gesammelt.“

Sie sei mit dem Auto nach Gmünd gekommen, aus Zeitgründen, wie die Klimaforscherin betont: „Das letzte Drittel der dabei entstandenen Emissionen wird in 1.000 Jahren noch feststellbar sein.“ Somit seien alle Verursacher des Klimawandels, denn: „Alles ist mit Energie verbunden und somit auch mit Emissionen. Aber jede Fabrik produziert das nur, weil es jemand haben will.“

Starke Temperaturschwankungen habe es in den letzten 131 Jahren immer wieder gegeben. Seit den 1970er-Jahren wurde es aber wärmer, ab 2015 stiegen die Temperaturen nochmals an. „Und es wird noch schlimmer, 2019 wird sich temperaturmäßig zwischen 2017 und 2018 einpendeln. 2018 gab es ein Plus von zwei Grad.“ Laut der Expertin sei die Erwärmung in Österreich um 2,3 Grad ausgeprägter als im globalen Mittel. Schuld daran sei das Fehlen eines Ozeanes mit seiner dämpfenden Wirkung.

Die Auswirkungen sind zu spüren: Es gibt keine Hitzerekorde, die Hitze dauert dafür länger an. „Im Norden gibt es keine klare Tendenz. Der Niederschlag schwankt.“ Der Schneefall sei auch rückläufig. Dadurch würden Heizkosten zurückgehen, die Vegetationstage erhöhen sich. Es gibt auf den Wiesen eine Mahd mehr.

Für die Zukunft könne niemand eine aussagekräftige Prognose stellen. Sollte es mit den Emissionen wie bisher weitergehen, geht Kromp-Kolb von einem Temperaturanstieg auf plus fünf Grad aus, im Gebirge sogar auf plus zehn Grad. Die globalen Auswirkungen seien katastrophal: Die Ernährung der Weltbevölkerung, die Wasserverfügbarkeit, der Anstieg des Meeresspiegels und vermehrte Extremereignisse wie Stürme, Hitze usw. würden zu großer Anzahl an Klimaflüchtlingen führen. „Ich hoffe, wir haben es kapiert und wir tun schnell und viel etwas, wenn nicht, dann gibt es Krisen und Krieg.“

Die Zukunft heute 15-jähriger Demonstranten sei ungewiss. „Der Temperaturanstieg wird bei der Familiengründung dieser Jugendlichen bei einem Grad liegen, bei der Pensionierung bei 2,5 Grad, beim Tod bis zu vier Grad“, rechnete sie vor. Das werde das gesamte Leben ändern: Die Anzahl der Tropennächte steige, der Erholungsfaktor sinke. Auch die Pollenbelastung verändere sich – mit längeren Perioden und mehr Waldbränden.

„Die Borkenkäferproblematik ist nur eine Probe für uns, dadurch können wir uns vorstellen, wie das Klima in Zukunft aussehen wird.“ Stürme, Fröste, Schnee, Insekten und neuartige Schäden durch einwandernde Schadorganismen und mehr Epidemien würden dazu beitragen. „Gewaltige Kosten kommen auf den Forstsektor zu“, zeigt die Klimaexpertin auf.

Es müsse eine Trendumkehr passieren: Statt Stahl und Beton sollen Holzhäuser gebaut werden – durch diese Transformation in der Gesellschaft könnten Treibhausgase reduziert werden. Die Land- und Forstwirtschaft müsse sich auch anpassen. „Ganz wichtig ist es, dass wir den Wald in Österreich in den nächsten 20 Jahren erhalten können. Wir werden ihn brauchen, nicht nur als Lebensraum für die Tiere, als Kohlenstoff- und Wasserspeicher. Im Wald ist es auch kühler und die Stadtbewohner werden das nützen wollen.“

Jeder Einzelne könne mit einfachen Mitteln beitragen, die Emissionen zu reduzieren: „Halb so lang und halb soviel beim Duschen, Fahren oder Schnitzelessen. Es betrifft uns alle. Diese Entscheidung muss jeder für sich treffen“, gab Kromp-Kolb den Zuhörern mit auf den Weg.

In der abschließenden Fragerunde hielt sich die Expertin nicht mit Kritik an der Politik zurück. „Der Planet kann mit Menschen umgehen, nur die Menschen nicht mit dem Planeten. Es ist schlimm, dass Menschen sterben müssen, nur weil wir es bequemer haben möchten. Aber das ist das heutige Wirtschaftssystem, das uns zwingt, die Erde zu vernichten.“

Ihr Wunsch an die neue Regierung: Hundert Uni-Professuren für die Nachhaltigkeit, „denn die Menschen, die in der Natur arbeiten, spüren die Veränderungen viel schneller, als es die Wissenschaft tut.“ (Text: NÖN)

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